Der Modellbahn-Synthesizer hat seinen Namen vom verwendeten Controller, einem zweckentfremdeten alten ostdeutschen Modellbahn-Bauteile. Der ist an eine einfache Oszillatorschaltung gekoppelt, die lichtempfindliche Rechteckwellen erzeugt.

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Der Controller

Dies ist die Schnittstelle für die Klangsteuerung. Es handelt sich hier um ein originales Tastenpult der Berliner TT-Bahnen, das den Durchgang des elektrischen Stroms vorübergehend (durch einfaches Drücken) oder dauerhaft (durch Anheben der Taste) erlaubt. Wie sein Aussehen auf den ersten Blick verrät, eignet sich dieses Stück daher perfekt zur Steuerung elektronischer Klänge über eine Miniatur-Tastatur mit 6 Tasten. In die vom Hersteller zur Nummerierung der Tasten vorgesehenen Felder werden Fotowiderstände eingefügt, die für eine bessere Spielbarkeit Dynamik hinzufügen.
Ein Paar schwarze Handschuhe und eine Taschenlampe (oder Fahrradlicht, mit blinkender Beleuchtung) vervollständigen die Einrichtung perfekt.


Die Schaltung

Die verwendete Schaltung stammt aus dem Buch Handmade Electronic Music von Nicolas Collins (Routledge, 2009, S. 129-145). Es handelt sich um einen 6-stimmigen Oszillator, der von einem „Hex Schmitt Trigger“-Chip erzeugt wird und Rechteckwellen mit gesättigten Tönen erzeugt. Dank der Verwendung von Fotowiderständen kann die Tonhöhe durch einen einfachen Helligkeitsunterschied moduliert werden. Einige Anschlüsse der ursprünglichen Schaltung wurden hier modifiziert und mit den Tastenpult verbunden, um die Aktivierung der Oszillatoren separat oder gleichzeitig zu ermöglichen. Damit ist auch die Auswahl von hohen oder niedrigen Frequenzen möglich.
Um die Schwingungen sichtbar zu machen, wurden 6 LEDs an die Schaltung gekoppelt.


Der Zusammenbau

Der Originalkarton des Tastenpults (1) beherbergt, wenn verstärkt (2), die beiden Hauptelemente des Synthesizers. Auf der Oberseite sind die Tastatur und ihre Kontaktplatte (3) mit dem Minuspol der Schaltung verbunden und fungieren als Schalter. Im Innern wird – nicht ohne Schwierigkeiten – das Herz des Synthesizers eingesetzt: die Schaltung, die Verkabelung und die 9V-Batterie (4).

Der letzte Schritt besteht darin, den Schaltkreis an die Steuerung anzuschließen, zuerst von außen (5), dann von innen, wobei die Länge jedes Kabels optimiert wird, um den Platzbedarf zu verringern und das Gehäuse nach Abschluss des Vorgangs schließen zu können (was bedeutet, dass mit halb geschlossenem Deckel gearbeitet wird…6). Es ist auch notwendig, die Schweißnähte zu isolieren, die sich sonst unweigerlich in dem reduzierten Raum berühren würden. Hierfür haben wir Flüssiggummi (Typ Mibenco) verwendet, die hier einfacher als die üblichen Schrumpfschläuche anzubringen ist, sowie einen Gaffer auf der Vorderseite, um das Ganze bei Problemen wieder öffnen zu können (7).


Das Instrument

Aus der Kombination dieser Elemente ergibt sich ein Mini-Instrument, das kaum größer als eine Zigarettenschachtel ist, intrigant und vor allem sehr spielerisch zu bedienen. Tatsächlich machen die große Bandbreite der spielbaren Frequenzen, die Art der erzeugten Klänge und ihre hoch empfindliche Reaktion auf Helligkeitsschwankungen den Modellbahn-Synthesizer ebenso zu einem „Klangspielzeug“ wie zu einem eigenständigen Musikinstrument (der zum Beispiel als Oszillator für die Anwendung der subtraktiven Synthese benutzt werden kann).

Die obigen Bilder zeigen nur, wie es nach der Fertigstellung aussieht, aber Sie können sich auf dem nachfolgenden Video ein klingendes Bild von seinen Möglichkeiten machen.


Anmerkungen
Unser besonderer Dank gilt: Enzo für die Tipps zu nötigen Anpassungen der Schaltung, Peter für die zusätzlichen Informationen über die Berliner TT-Bahnen und noch einmal Astrid für die Korrektur dieses Beitrags.

Literatur
Eine besondere Erwähnung der Werke von Nicolas Collins („Handmade Electronic Music„, Routledge, 2009) und von Thom Holmes („Electronic and Experimental Music – Technology, Music and Culture“, Routledge, 2020) die, jeder in seinem eigenen Genre, eine fantastische Quelle der Motivation sind, die Ecken und Winkel der musikalischen Elektronik zu erforschen!
Nicht so leicht zu lesen aber facettenreich und auch interessant: Daniel Gethmann (Hg.) „Klangmaschinen zwischen Experiment und Medientechnik„, transcript Verlag, 2010.
Und rein Technik, aus der Zeit unseres Controllers: Hans-Jochen Schulze und Georg Engel, „Moderne Musikelektronik – Praxisorientierte Elektroakustik und Geräte zur elektronischen Klangerzeugung„, Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, 1989.

Veröffentlichung
Der Modellbahn-Synthesizer wurde im November 2020 bei Heise online berichtet. Der Beitrag von Helga Hansen (Make) enthält weitere technische Informationen und Links zu ähnlichen Projekten.

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2 Kommentare

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  1. Der Vergleich mit dem MicroMOOG ist großzügig, aber danke Hans!
    Mit diesem Chip und Fotowiderstände kann man tatsächlich schnell ein Theremin nachmachen, indem ein zusätzlicher Fotowiderstand die Lautstärke beeinflusst (was wir hier allerdings nicht gemacht haben).
    Tipp: eine sehr schöne und ausführliche Erklärung dieser Art Schaltung findet man in der Aufgabe 1/2018 von Make Magazin, S. 48-53 (Überblick hier: https://www.heise.de/select/make/2018/1/1519686515891258)